Natural Fitness: Fit auf die natürliche Art
Abnehmen mit Cardio oder Krafttraining?
Cardio oder Krafttraining?

Kraftathleten machen sich gerne lustig über die Versuche von Ausdauerathleten, ihr Gewicht zu halten. Läufer dagegen pochen darauf, dass es einen Fettverbrennungsbereich gibt, der allem Hantelheben überlegen ist. Wer hat recht?

Die Wahrheit liegt in der Mitte

Ein Forscherteam der University of Kansas (USA) trainierte zehn Wochen lang 30 gesunde Männer im Alter um die 20. Dabei absolvierte die erste Gruppe nur Krafttraining an Gewichten, die zweite nur Ausdauersport (Laufen) und die dritte kombinierte Kraft- und Ausdauertraining. Die Trainingsbelastung war progressiv angelegt[1]. Es wurde keine Reduktionsdiät gefordert. Die Kalorienaufnahme blieb bei allen Teilnehmern in Bezug auf deren Grundumsatz gleich. Nach zehn Wochen stellten die Forscher folgende Veränderungen in Körperzusammensetzung und Grundumsatz fest.

Veränderungen der Körperzusammensetzung und des Grundumsatzes nach zehnwöchigem Training[2]

Die Forscher kamen zu folgendem Ergebnis (in Übersetzung): „Diese Daten weisen darauf hin, dass zwar Krafttraining allein den Grundumsatz und die Muskelkraft erhöht und Ausdauertraining allein die aerobe Leistungsfähigkeit erhöht und den Körperfettanteil senkt. Das kombinierte Training jedoch vereint alle diese Vorteile in sich, wenn auch in geringerem Maß als Kraft- und Ausdauertraining allein.“

Mit anderen Worten: Ihr absolutes Körpergewicht reduziert sich durch reines Ausdauertraining am schnellsten. Aber zu welchem Preis? 600 Gramm Muskelabnahme reduzieren Ihren Grundumsatz um etwa 50 kcal pro Tag. Das heißt, Sie müssen aufs Jahr gerechnet 2 Kilo Olivenöl oder 16,5 Kilo Hühnchenfilet oder 18 Kilo Bananen einsparen, um nicht zuzunehmen.

Wenn Sie auf Ihre aeroben Fähigkeiten pfeifen (was ich nicht tun würde), dann ist reines Krafttraining das Mittel Ihrer Wahl. Auf der Waage nehmen Sie zwar zu, aber in Wahrheit haben Sie Fett verloren und Muskeln gewonnen. Ihr Grundumsatz steigt, sodass Sie bei gleichem Training übers Jahr 4,5 Kilo Olivenöl oder 38 Kilo Hühnchenfilet oder 41 Kilo mehr Bananen bekommen, ohne zuzunehmen.

Am interessantesten sind die Ergebnisse des Kombinationstrainings. Der Fettabbau ist im zu erwartenden Rahmen (Fettabbau durch Krafttraining plus Fettabbau durch Ausdauertraining.) Die anderen Parameter jedoch nicht. Das Kombinationstraining erzielt einen fast doppelt so hohen Muskelzuwachs wie zu erwarten. Die Erhöhung des Grundumsatzes ist 20 % höher als rechnerisch vorhersehbar.
Vielleicht hängt dies damit zusammen, dass Ausdauersport und Krafttraining in ähnlicher Weise die Insulinsensitivität der Muskulatur erhöhen. Eventuell potenzieren sich diese Effekte beim Kombinationstraining. Nach einer Studie von Loeffelholz[3] erhöht regelmäßiges Krafttraining die Insulinempfindlichkeit der Muskulatur in gleicher Weise wie Ausdauersport. Das bedeutet mehr Kalorienverbrennung in der Muskulatur und zusätzlichen Fettabbau. Weniger intensives Krafttraining mit etwa der Hälfte des Maximalgewichts kann die Insulinansprechbarkeit um bis zu 48 % steigern. Dieser Effekt hält bis zu 72 Stunden an und verliert sich dann. Also sollte man nicht länger als drei Tage Trainingspause einlegen.

Eine Kombination aus Ausdauer- und Kraftsport lässt Ihr Körpergewicht moderat ansteigen bei gleichzeitig phänomenalem Fettabbau. Ihre Ausdauerleistung erhöht sich. Und noch dazu dürfen Sie mehr essen (über 30.000 kcal pro Jahr; das sind etwa dreieinviertel Kilo Olivenöl oder 27 Kilo Hühnchenfilet oder 30 Kilo Bananen). Das ist es, was wir wollen: Muskulatur aufbauen und Fett abnehmen zugleich! Kombinationstraining ist das Training meiner Wahl.

Wenn Sie das Ganze jetzt noch mit einer moderaten Reduktionsdiät (siehe dazu Abnehmen einfach – Teil 1) verknüpfen, vereinen Sie den optimalen Gesundheits- mit dem maximalen Abnehmeffekt.

 

Zwei Fragen bleiben noch zu klären. Zum einen, welche Ausdauersportart den besten Abnehmeffekt verspricht. Und zum anderen, ob es den ominösen Fettverbrennungsbereich im Ausdauersport wirklich gibt. Dazu folgende Diagramme:
Energieverbrauch verschiedener Sportarten (pro einem Kilo Körpermasse in einer Stunde)[4]

Bezüglich Kalorienverbrauch hat der Dauerlauf die Nase vorn, meiner Meinung nach auch, was Alltagstauglichkeit betrifft (überall, zu jeder Tages- und Jahreszeit möglich, geringer Zeitaufwand, niedrige Kosten).

 

Wie sieht es nun mit dem Fettverbrennungsbereich aus?

Fettkalorienverbrauch in Abhängigkeit vom Trainingszustand[5]

Es gibt ihn wirklich, den Bereich der maximalen Fettverbrennung, jedoch nicht als scharf umgrenzte Zone, außerhalb derer sich gar nichts tut. Die Fettverbrennung steigt mit zunehmender Belastung an und sinkt dann umso stärker, je mehr man sich in den aeroben Bereich hineinbewegt (= intensiver Trainingsbereich unter hoher Belastung und Sauerstoffschuld). Je trainierter man ist, desto mehr verschiebt sich der optimale Fettverbrennungspunkt in Richtung maximale Leistung. Er liegt beim untrainierten Spaziergänger bei gut 50 % des individuellen Maximums, beim Jogger bei knapp 70 % und beim Leistungssportler bei etwa 85 %.

Fazit
  • Reines Kraft- bzw. reines Ausdauertraining verschenkt Gesundheits- und Abnehmvorteile.
  • Beim reinen Ausdauertraining besteht die Gefahr von Muskelabbau.
  • Der Königsweg ist eine Kombination von Kraft- und Ausdauertraining. Dabei reicht beim Krafttraining eine Trainingsintensität von 50 – 60 % der Maximalkraft aus. Der optimale Fettverbrennungsbereich bei den Ausdauereinheiten liegt – je nach Trainingszustand – bei gut 50 – 85 % der maximalen Leistungsfähigkeit.
  • Um Fett abzubauen, wäre eine Kalorienreduzierung gar nicht notwendig. Wenn Sie trotzdem Ihr absolutes Gewicht reduzieren wollen, befolgen Sie eine leichte Reduzierungsdiät, bei der Sie maximal 10 % Ihres Tageskalorienbedarfes kappen. Gehen Sie darüber hinaus, besteht die Gefahr, dass Ihr Körper Muskulatur abbaut.
  • [1] Progressiv bedeutet mit stetiger Belastungserhöhung. Alle Gruppen trainierten drei Mal pro Woche. Die Ausdauergruppe steigerte sich von 25 auf 40 Minuten pro Trainingseinheit und von 65 auf 85 % der max. Herzfrequenz. Das Training der Kraftgruppe bestand aus durchschnittlich 7 Übungen mit 3 Sätzen und 10 – 15 Wiederholungen. Die Gewichte wurden kontinuierlich erhöht, die Wiederholungen reduziert. Im Laufe einer Woche wurde der ganze Körper trainiert. Die Kombinationsgruppe bestritt die Workouts der beiden anderen Gruppen zusammen.

    [2] Brett A. Dolezal/Jeffrey A. Potteiger: Concurrent resistance and endurance training influence basal metabolic rate in nondieting individuals, in: Journal of Applied Physiology, August 1998, Band 85, Nr. 2, S. 695–700

    [3] Loeffelholz, Ernährungsstrategien, S. 97

    [4] Prochnow/Brinkmann/Schönleber: Laufen ohne Beschwerden, S. 217

    [5] Prochnow/Brinkmann/Schönleber: Laufen ohne Beschwerden, S. 218